Botschafter in Berlin
Dr. Josef Wolf
exclusiv im Interview mit
Botschafter Dr. Josef Wolf
Botschaft des Fürstentum Liechtensteins
in Berlin
• Seit Dezember 2002 sind
Eure Exzellenz ausserordentlicher
und bevollmächtigter Botschafter
des Fürstentum Liechtensteins
in der Bundesrepublik Deutschland.
Eure Exzellenz, wie sieht
Ihre persönliche Bilanz
nach fast vier Jahren aus?
In der Tat habe ich die ehrenvolle Aufgabe, als erster residierender
Botschafter des Fürstentum Liechtensteins in der Bundesrepublik
Deutschland zu wirken. Zuvor waren wir durch einen nichtresidierenden
Botschafter vertreten. Meine persönliche Bilanz nach vier Jahren
lautet: Es ist ungeheuer wichtig, vor Ort präsent zu sein. Ich glaube,
wir hätten in der Vergangenheit die deutsche Presseberichterstattung
über Liechtenstein positiver beeinflussen und einige Dinge schneller
richtig stellen können, wenn wir schon früher in Deutschland fest
vertreten gewesen wären. Mit der Errichtung einer Botschaft misst man
dem Gastland ausserdem grosse Bedeutung bei.
Sie müssen bedenken, dass unsere Botschaft in Berlin eine von nur acht
diplomatischen Vertretungen weltweit ist. Aufgrund seiner europäischen
Mittellage und seiner Grösse wird Deutschland auch zukünftig immer
Rückwirkungen auf unser Land haben.
• Wo konnten Eure Exzellenz
nach Ihrer eigenen Einschätzung
in der Tätigkeit als Botschafter
Impulse setzen, die aufgenommen
und umgesetzt wurden?
Ich bemühe mich stets darum, die Zugehörigkeit Liechtensteins zum
deutschen Sprach- und Kulturraum zu unterstreichen, indem ich mich für
die Förderung von künstlerischen und kulturellen Projekten einsetze,
die den Interessen beider Länder entsprechen. Hierzu zähle ich die
liechtensteinische Unterstützung für die Akademie der Künste oder für
die Wiedererrichtung des katholisch-theologischen Guardini-Lehrstuhls
an der Humboldt-Universität zu Berlin. Auch die politischen Beziehungen
sind in den vergangenen vier Jahren intensiviert worden, zum Beispiel
durch die Besuche mehrerer Bundestagsaus- schüsse in Liechtenstein. Die
wichtigsten Akzente kann ich als Botschafter freilich durch den
direkten Kontakt zu den deutschen Entscheidungsträgern in Politik,
Wirtschaft und Kultur setzen. Es sind vor allem die persönlichen
Gespräche, in denen ich Vorurteile gegenüber Liechtenstein korrigieren
und die einseitige Wahrnehmung des Landes als Finanzplatz relativieren
kann.
• Wie sieht Ihr Zeitmanagement aus,
oder wie kann sich der/die
liechtensteiner Bürger/in
das Tagesprogramm und Ihre
Tätigkeit als Botschafter vorstellen?
Mein Arbeitstag beginnt mit einem Blick in die Tageszeitungen. Fast
jeden Tag stehen Gespräche mit Bundestagsabgeordneten,
Staatssekretären, Vertretern von Wirtschaftsvereinigungen sowie
kulturellen Einrichtungen in meinem Terminkalender. Wir verfolgen genau
die politischen Vorgänge innerhalb Deutschlands. Für Liechtenstein
relevante Themen werden aufbereitet und die zuständigen Stellen der
Landesverwaltung informiert. Umgekehrt steht die Botschaft für
Auskünfte und Abklärungen aus Liechtenstein zur Verfügung. Ich
unterhalte zahlreiche formelle und informelle Kontakte zu
Botschafterkollegen sowie zu hohen Beamten in den Ministerien. Durch
diese Kontakte erlangt die Botschaft einerseits wichtige
Detailinformationen, andererseits gelingt oft auf dieser Ebene eine
wertvolle Sensibilisierung für liechtensteinische Anliegen.
• Wie sieht die Zusammenarbeit
zwischen dem Fürstentum
Liechtenstein und Ihrem Gastland aus?
Wo liegen die Schwerpunkte?
Die Zusammenarbeit mit den Behörden und Verbänden gestaltet sich sehr
gut. Unsere Zugehörigkeit zum deutschsprachigen Kulturraum, auf die ich
immer wieder hinweise, verbindet. Trotzdem ist es für mich als
Vertreter eines kleinen Landes manchmal auch schwierig, Termine bei
Entscheidungsträgern zu bekommen. In den vergangenen vier Jahren habe
ich - wie oben schon angedeutet - versucht, das Image Liechtensteins
auf eine objektivere Grundlage zu stellen und dabei insbesondere
Liechtenstein auch als Industrie- und Unternehmensstandort
darzustellen. Auf politischer Ebene fanden schon mehrere Besuche von
Bundestagsausschüssen und hochrangigen deutschen Persönlichkeiten in
Liechtenstein statt.
• Haben Eure Exzellenz, als Botschafter,
eine Vision für die Zukunft oder was
liegt Eurer Exzellenz besonders
am Herzen?
Als Vertreter meines Landes ist mir die Pflege der guten Beziehungen
zwischen Deutschland und Liechtenstein ein permanentes Anliegen.
Darüber hinaus liegt mir die Stellung der Kleinstaaten im zusammen
wachsenden Europa besonders am Herzen. Kleine Länder wie Liechtenstein
geniessen einerseits volle staatliche Souveränität. Andererseits sind
sie auf das Wohlwollen der Nachbarn, insbesondere der grossen Staaten,
angewiesen. Meine Vision für die Zukunft ist keine geringere als die
langfristige Friedenssicherung in Europa.
Botschafter Josef Wolf wird Ende des Jahres 2006 in den wohlverdienten
Ruhestand treten.